Einleitung
Die gemeinnützige Heinrich Böll Stiftung NRW hat sich in ihrer Arbeit einem großen übergeordneten Ziel verschrieben: Der ‚Inklusion’, also der Herstellung möglichst gleicher Teilhabechancen für alle Mitglieder unserer Gesellschaft.
Denken wir Inklusion zu ende, muss jedem Menschen die Möglichkeit geboten werden, an Gesellschaft in vollem Umfang teilhaben zu können. Das gilt umso mehr für diejenigen unter uns, die durch mangelnde Teilhabe und Anerkennung gefährdet sind, straffällig zu werden oder bereits straffällig geworden sind. Wir möchten vorweg gehen und zeigen, wie sich ein so großer und abstrakter Begriff wie Inklusion mit Leben füllen lässt.
Aber wie soll dies in einem Gefängnis geleistet werden? Das Gefängnis ist ja kein Ort, an dem positiver zivilgesellschaftlicher Einfluss ohne Weiteres möglich ist. Es ist vielmehr das ultimative gesellschaftliche Abseits, abgesperrt durch hohe Sicherheitsmauern und Stacheldraht, idyllisch gelegen auf einer grünen Wiese in der Gill Str. 1, Schwerte. Nichts dringt hinaus und wenig dringt hinein, was auch seine Bewandtnis hat. So unbekannt und verborgen das Innere einer Vollzugsanstalt für Außenstehende ist und bleibt, so unbekannt und unsichtbar darf aber nicht der Mensch darin werden, möchten wir unserem Ziel ein Stück näher kommen. Viel wird hinter den Mauern geleistet, um straffällig gewordenen Menschen zu einem konfliktfreien Leben in Freiheit zu verhelfen. Doch professionelle Sozialarbeit entbindet niemanden von der eigenen Verantwortung, möglichst offen gegenüber denen zu bleiben, die am Rand der Gesellschaft stehen und zu ihnen sagen zu können: „Ich kenne deine Geschichte und Herkunft, aber sie soll deiner Zukunft nicht im Wege stehen.“ Niemandem würde es in den Sinn kommen, sich in eine Gesellschaft ‚wiedereingliedern’ zu wollen, die unentwegt Unterschiede betont, Ignoranz lebt und nicht Gemeinsamkeit und Verständnis in das Zentrum des Zusammenlebens rückt. Dem mit einem Haftaufenthalt verbundenen gesellschaftlichen Stigma lässt sich auch in ferner Zukunft sicherlich nur schwer entfliehen, aber umso mehr sollte dabei die oder der Betroffene von einem menschlichen Umfeld profitieren dürfen, das erahnen kann, welche positiven als auch negativen Spuren die Haftzeit in einem hinterlassen kann. Inklusion wiederum geschieht dort, wo Menschen mit vielfältiger Vergangenheit und Herkunft aufeinandertreffen und lernen miteinander zu leben und sich zu akzeptieren. ‚Resozialisierung als Vollzugsziel’ ist in diesem Sinne nicht allein die Veränderung und harte Arbeit eines Häftlings an sich selbst, sondern ist nicht weniger auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu der jeder eingeladen werden sollte. Die Heinrich Böll Stiftung NRW wollte mit Lyrik hinter Gittern genau an diesem Punkt eine Schnittstelle schaffen, die es den vermeintlich so stark voneinander distanzierten Menschen innerhalb und außerhalb der Justizvollzugsanstalt ermöglichen sollte, sich (wenn auch nur für einen kurzen Abend) gegenseitig auf Augenhöhe zu begegnen und einen Abend in geteilter Freude an Lyrik und Literatur zu verbringen.
Die selbstverfassten Texte der Gefangenen gestatteten es in der knappen Zeit allen Interessierten, konzen-trierte und bewegende Einblicke zu erlangen, räumlich, wie auch menschlich. Die gewisse voyeuristische Neugier und Aufregung auf Seiten des Publikums wich am Ende einer echten und ehrlichen Empathie mit den Vortragenden. Bilder von ‚harten’, unverbesserlichen Jungs, wurden ein Stück weit durcheinandergebracht und zurechtgerückt. In nachfolgenden Gesprächen bekamen wir meist den Eindruck, dass nicht die Gefangenen, sondern vielmehr die eingeladenen Zuhörer den größeren Schritt an diesem Abend gemacht hatten.
Das Projekt profitierte von der unausgesprochenen Offenheit aller Bediensteten der JVA Schwerte, die uns in jedem Punkt nach besten Kräften unterstützten. Hierfür sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt! Ein großes herzliches Dankeschön geht natürlich auch an alle Poeten des Abends, ohne deren Interesse und Kreativität Lyrik hinter Gittern nicht hätte realisiert werden können. Ihr habt einen bleibenden Eindruck in den Menschen hinterlassen und man denkt weiterhin an euch!
Ulrich Steinsiepe
Bildung & Kultur
Den Wandel gestalten
Der Wandel der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft lässt Bildung, Wissen und Kreativität zu Schlüsselressourcen werden. Bildung wird zur Grundbedingung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auch die Künste und technologische Visionen sind von essenzieller Bedeutung: Sie spüren Phantasieräume an der Grenze zwischen Natur und Kultur auf. Mit unseren Veranstaltungen führen wir den grenzüberschreitenden Diskurs von Kunst, Wissenschaft und Politik.