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Wie weiter mit dem Friedensplan Afghanistan?

Zum Abschluss der Tagung "Friedenspläne für Afghanistan" hat sich auf Einladung von Roland Vogt eine Gruppe von an der Weiterarbeit Interessierten getroffen.

Verlauf und Ergebnisse:

R.V. begründet, weshalb auf Rat eines zentralasienerfahrenen Diplomaten der „für“ gestrichen worden ist: es soll vermieden werden, dass auch nur der geringste Anschein entsteht, Afghanistan solle nun im Namen des zivilen Friedens etwas aufgedrängt werden, was nicht zu Land und Leuten, Geschichte und Kultur des Landes passt.

Anfangs wird Konsens gesucht, über welches Medium die weitere Zusammenarbeit erfolgen könne: eigene Website, Fortführen des Blogs roland-vital „Friedensplan Afghanistan“, eine Facebook-Gruppe?

Favorisiert werden das Fortschreiben des  Blogs, eine interne Mailingliste und der zusätzliche Hinweis auf einen Chatroom der afghanischen Community in Deutschland: www.afghan-german.de.

Einige Teilnehmende äußern sich skeptisch zu der Vorstellung von einem „Plan“. RV: „Plan“ sei eher wie Friedensarchitektur zu verstehen.

Ein Teilnehmer mit Afghanistanerfahrung spricht sich für ein Vorgehen mit stärkerer Maßnahme-Orientierung aus, auch für die Definition von Feldern für Willens- und Meinungsbildung. Eines dieser Felder müsse das Thema Versöhnung sein.

Schlüsselfragen an die afghanische Community sollten sein:

Was wollt IHR?

Was wollt Ihr von UNS?

Weitere Vorschläge: die Gründung einer Plattform für Projekte,

Radio für lokale Wirtschaftsförderung – für Feedback zu Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Projekten.

Thema Frieden: ein Teilnehmer kritisiert die Begriffskombination: „negativer Friede“.

Frieden habe in der deutschen Sprache per se eine positive Bedeutung. RV: negativer Frieden sei auf Vorschlag Johan Galtungs eine Festlegung der „kritischen Friedensforschung“, um die höheren Anforderungen an einen positiven Frieden = Abwesenheit struktureller Gewalt erkennbar zu machen.

Natürlich gelte: ohne Abwesenheit von Krieg = Frieden im Sinne des Völkerrechts, läuft nichts, sind Wiederaufbau und alle Folgemaßnahmen latent in Gefahr. Aber ein nachhaltiger, lang andauernder Frieden sei eben wahrscheinlicher bei Abwesenheit struktureller Gewalt. Es besteht Einigkeit unter den Teilnehmenden, dass die beiden Friedensstufen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen.

Das, so RV, gelte auch für seine Unterscheidung (im Vortrag am Vormittag) zwischen Friedensfahrplan und Friedensplan. Wenn der Friedensfahrplan etwas tauge, führe er wie im Fall des Westfälischen Friedens zu einem belastbaren Friedenvertrag, der die Basis für einen positiven Frieden bilde. Es gelte aber auch: je näher man dem Ideal der Abwesenheit struktureller Gewalt komme, desto größer sei die Chance einer Periode langanhaltenden Friedens ( Anm. RV: nach dem Westfälischen Frieden: 60-70 Jahre Frieden in Europa).

Es wird angeregt herauszufinden, wie AfghanInnen selbst über Konflikte und das Austragen von Konflikten denken. Und es wird vermutet, dass die Leute in und aus Afghanistan andere Wertigkeiten haben als wir uns das vorstellen.

Konsens: es ist vorrangig erforderlich, dass wir mit Menschen aus Afghanistan, die in Deutschland leben, in den Diskurs treten.

Projektvorschlag Roland Vogts/der AG als Angebot an die afghanische Community in Deutschland:

In Deutschland lebende AfghanInnen werden zu einem Szenario-Workshop eingeladen. Sie definieren zunächst im Plenum Komponenten der Entwicklung ihres Landes zu einem von ihnen selbst bestimmten Datum: z. B.: „Afghanistan im Jahr 2025“. In Arbeitsgruppen entstehen, aus den zuvor durch  Vergabe von Punkten in der Rangfolge bewerteten Komponenten verschiedene Szenarien, die abschließend vom Plenum  der Teilnehmenden unter den Aspekten Wünschbarkeit und Realisierbarkeit bewertet werden.

RV berichtet, kürzlich in Brüssel an einem solchen Szenario-Workshop zu Afghanistan teilgenommen zu haben und ihn als außerordentlich kreativ erlebt zu haben.

Weitere Informationen:

Info 1:  Evangelische Akademie Villigst „Übergabe in Verantwortung. Afghanistans Zukunft“ (www.kircheundgesellschaft.de)

Info 2: es gibt 110.000 AfghanInnen in Deutschland, mit Schwerpunkten in Hamburg und München und in 100 verschiedenen Organisationen.

Literaturhinweis

Arbeitsgemeinschaft Afghanistan, Willy Kraus (Hrsg.), Afghanistan, Natur-Geschichte-Kultur-Staat-Gesellschaft-Wirtschaft, Tübingen 1972