Vielfalt, Klima und Demokratie. Die drei Eckpfeiler des diesjährigen Böll-Forums haben im Weltkunstzimmer ihren Raum gefunden. Neben spannenden Impulsen und Diskussionen, trafen sich die Teilnehmer*innen bei einer gemeinsamen Kunstaktion, wo sie sich vernetzen und austauschen konnten.
Vielfalt, Klima und Demokratie. Die drei Eckpfeiler haben im diesjährigen Böll Forum im Weltkunstzimmer ihren Raum gefunden. Neben spannenden Impulsen und daran anschließenden Diskussionen, gab es auch eine gemeinsame Kunstaktion und einen Marktplatz mit Ständen, bei denen die Gäste sich vernetzen und austauschen konnten.
Nach einem Begrüßungswort der Geschäftsführerin Iris Witt und dem Vorstandsmitglied Mira Wegener, führte die Bildungsreferentin Linda Lieber in das Konzept des diesjährigen Böll Forums ein.
Im Zentrum stehen die Veränderungen innerhalb der Gesellschaft und die Verflechtung der drei Eckpfeiler für das folgende Ziel;
Handlungskompetenzen zur Gestaltung einer vielfältigeren, klimagerechten und demokratiefreundlichen Gesellschaft.
Den Startschuss zum Thema Vielfalt ermöglichte die Sprecherin von Bündnis 90/DIE GRÜNEN NRW Yazgülü Zeybek. Sie führte in den Prozess des „White Power Sharings“ und der Vielfalt in der Grünen Partei ein. Gemeinsam mit anderen BIPOC hat sie für das Ziel eines vielfältigeren Parlaments Buntgrün und ein Vielfaltstatut innerhalb ihrer Partei ins Leben gerufen. Buntgrün ist ein Zusammenschluss von BIPOC innerhalb der Partei, die sich gemeinsam für die stärkere Wahrnehmung dieser Vielfalt einsetzen. Innerhalb der grünen Partei wird damit ein Zeichen für Teilhabe gesetzt. Es soll als Antrieb für all jene gelten, die sich politisch engagieren und Teil des Entscheidungsprozesses sein wollen. Ihre Vision ist es, dass die Repräsentation möglichst vieler Menschen im politischen System ihren Einzug erhält. In Zahlen ausgedrückt hat die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen einen Anteil von 29,3% Menschen mit Migrationsgeschichte. Im Landtag sind sie jedoch nur zu 9% repräsentiert. Für mehr Vielfalt im Parlament ist ein zentraler Bestandteil Machthierarchien und Privilegien wahrzunehmen, abzubauen und einen sensibleren Umgang mit diesen einzuüben
Und neben einer gelungenen Repräsentation ist eine weitere wichtige Handlungskompetenz im politischen Alltag die Konsensfindung. Darum ging es im nächsten Impuls von unserem Bildungsreferenten André Moser. Am Beispiel des Ukraine Kriegs wurden hierfür die Teilnehmenden aktiv mitgefordert ihre Stimme abzugeben. Die Teilnehmenden mussten zuerst probehalber für und gegen Waffenlieferungen stimmen. Danach durch das Heben einer oder mehrerer Hände ihre Gesprächsbereitschaft signalisieren. Dies führte direkt zu deutlich weniger eindeutigem Widerstand.
Bei Abstimmungen, in denen nur ein dafür oder ein dagegen möglich ist, kann die Qualität der Entscheidungsfindung beeinträchtigt werden. Hier gewährt das systemische Konsensieren einen Weg über die sogenannte Widerstandsmessung. Die Teilnehmenden haben dadurch die Möglichkeit zu verdeutlichen, zu welchem Grad sie gegen oder für eine Sache abstimmen. Die Begründungen von Vorbehalten können so leichter thematisiert werden, weil sich ein Spektrum von Widerständen abbilden lässt und nicht nur zwei unvereinbare Positionen. Im Anschluss können die Gründe für die Einschätzungen ausgetauscht und eine Entscheidung getroffen werden, die im Interesse der gesamten Gruppe als möglichst zufriedenstellend wahrgenommen wird.
Wie gelungene Konsensfindung und klimagerechte Stadtentwicklung miteinander einhergehen können, stellte der Reiseleiter und Innovationsmanager Ulrich Steinsiepe am Beispiel von Kopenhagen vor. Die Teilnehmenden wurden auf eine digitale Stadttour mitgenommen und konnten eindrücklich die Landschaftsplanung der Stadt bestaunen. Die Teilnehmenden wurden mithilfe einer Bilderreihe auf eine Reise zum Stadtgeschehen Kopenhagens mitgenommen. Die Bilder zeigten, wie die gesamte Stadt in ihrer Verkehrsinfrastruktur das Fahrrad als Haupttransportmittel plante. Neben einem ausgebauten Fahrradnetz lädt die Stadt zu kunstvoll gestalteten Zwischenstationen, wie dem Superkilen Park “Red Square” ein. Der Ausbau dieser Struktur erforderte den Konsens mit der Bevölkerung, da weitreichende Veränderungen erforderlich waren. Der Fokus bei der Konsensfindung wird auf co- kreative Lösungen gesetzt, die mehrere Personen gleichzeitig ansprechen können, um Widerstände abzubauen. Das Projekt „Sharing Copenhagen“ versteht sich dabei als Hilfsangebot, um bürgerschaftliche Projekte voranzubringen und die Bürger an der Stadtentwicklung erfolgreich und aktiv mitwirken zu lassen.
Miriam Bunjes vom gemeinnützigen Recherchenetzwerk Correctiv führte in die Arbeit der Redaktion ein und erzählte davon, wie die Grundidee: Journalismus und journalistische Recherche für alle zugänglich zu machen, konkret realisiert wird. Neben Faktenchecks ist ein Anliegen von Correctiv, dass Bürger*innen sich auch gezielt mitbeteiligen können und Falschmeldungen auch gemeldet werden können. Die Besonderheit an Correctiv ist, dass es ein komplett spendenfinanziertes Medium ist, das es sich zur Aufgabe macht, investigativen Journalismus qualitativ aufbereitet jedem zur Verfügung zu stellen.
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Nach den Eindrücken hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit in den Austausch zu gehen und eigene Impulse zu setzen. Im Sinne eines Open Space haben die Teilnehmenden eigene Anliegen eingebracht oder sich einem von anderen Teilnehmenden gesetzten Anliegen angeschlossen. In fünf Gruppen wurde zu unterschiedlichen Anliegen diskutiert. Aus zwei Runden möchten wir hier einen Einblick geben.
- „Vielfalt in Politik und Gesellschaft“: Die Session wurde durch viele Selbsterfahrungen im politischen Alltag, aber auch durch übergeordnete Systemfragen geprägt. Was braucht es, um Anreize für mehr politisches mitmischen von Menschen mit Migrationserfahrungen anzuregen, aber auch zu erleichtern? Welche Hürden gibt es noch innerhalb von Parteien? Wo gelingt bereits inklusive Zusammenarbeit im politischen System?
- Konsensieren – einmal ausprobiert. Die Teilnehmenden haben über die Möglichkeit gesprochen Menschen dafür anzuregen über ihre Entscheidungs- und Diskussionsprozesse nachzudenken und ggf. zu ändern. Dabei wurde über ein Praxisbeispiel gesprochen. Das Projekt „Aula“ von Marina Weißband ist ein Beteiligungskonzept, das Jugendlichen aktive Mitbestimmung ermöglicht. Eine eigens dafür konzipierte Online-Plattform fördert eine Begleitung und demokratische Praktiken und vermittelt Kompetenzen. Dieses Beispiel ist inzwischen übertragbar auf weitere Organisationen. Zudem wurde das Konzept der „Liquid Democracy“ diskutiert. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Entscheidungsfindung im Sinne eines direktdemokratischen Begriffes, welcher um repräsentative Elemente ergänzt wird. Dabei wurden von unserem Bildungsreferenten André Moser auch Erfahrungen aus einer Betzavta Schulung und der damit verbundenen Lehre zur Demokratiekompetenz und demokratischer Prinzipien entlang von Übungen in einer Gruppe berichtet. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darüber, dass das Ziel aller Methoden ist nicht nur zufriedene, sondern auch kritisch reflektierte Bürger*innen zu bekommen. Die Diskussion thematisierte damit einen zentralen Kern der politischen Bildung: Die Kompetenz zur demokratischen Entscheidungsfindung.
Während der gesamten Zeit hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit sich bei einer gemeinsamen Kunstaktion auf großen Leinwänden zu verewigen. Die Aktion lief über die gesamte Veranstaltung hinweg und sorgte für viel Gesprächsstoff, da sich stetig etwas am Bild veränderte und alle aufeinander eingehen und das Kunstwerk verändern konnten. So wurden zum Beginn beispielsweise einige Menschen auf die Leinwand gemalt, die im Laufe der Veranstaltung ein Bild der Vielfalt ergaben. Alle Mitwirkenden Personen sind über das Kunstwerk ins Gespräch gekommen und tauschten sich zu den Ideen und Möglichkeiten zur Visualisierung von Vielfalt aus.