Sehen und gesehen werden - Roma in NRW. Ein Realitätsabgleich

Das Böll Forum 2013 fand ganz traditionell in Dortmund statt. Wieder einmal hatten wir das Depot als Veranstaltungsort auserkoren, wären aber angesichts des besonders großen Interesses fast an die Kapazitätsgrenzen des Kinosaales gestoßen. Am Ende wurde aber - frei nach Oscar Wilde und André Moser - wie immer alles gut und jede*r fand einen Platz auf Teilnehmerliste und Kinosesseln. Linda Lieber, die 2013 die organisatorische Hauptverantwortliche für das Böll Forum war, eröffnete den Abend mit tatkräftiger Unterstützung des Markus Reinhardt Ensembles. Danach gebührte alle Aufmerksamkeit den Preisträgern des Ideenpreises 'Der Heinrich'. 2013 waren das 'Jugendliche ohne Grenzen NRW', einen Initiative von jungen Flüchtlingen und deren Unterstützer*innen. Auf Bundesebene gründete sich der Verband schon 2005 und kämpft seitdem für 'Solidarität ohne Grenzen' und gegen Rassismus und Exklusion. Laudatorin war die grüne Landtagsabgeordneten Dagmar Hanses, die sich in ihrer Rede für das mutige Engagement der Gruppe bedankte.   

Danach begann der Einstieg in den inhaltlichen Schwerpunkt des 17. Böll Forums: Roma und Sinti in NRW. Die Bildungsforscherin und Sozialwissenschaftlerin Dr. Elizabeta Jonuz wagte in ihrem Vortrag den Realitätsabgleich. Wie viel haben gesellschaftliche Vorurteile und von Medien probagiertes Halbwissen mit der Lebensrealität von Sinti und Roma in NRW zu tun? Die Erkenntnis: wenig. Der erste Trugschluss ist schnell offenbart: Schon allein die Darstellung von Roma und Sinti als homogene Gruppe hat wenig mit der tatsächlich existierenden Vielfalt und dem breiten Spektrum an Meinungen, Traditionen und Interpretationen der eigenen Kultur von verschiedenen Gruppen zu tun. Dieser Fakt zeigte sich auch schnell bei der nachfolgenden Diskussion: Wenn es beispielsweise um den Gebrauch des Wortes 'Zigeuner' ging, konnte nicht von EINER Meinung der anwesenden Roma und Sinti gesprochen werden. Es gab viele durchaus widersprüchliche Meinungen. In einem Punkt waren sich jedoch alle einig: Die Probleme, die derzeit beispielsweise in Dortmund oder Duisburg bestehen sind keine Romaprobleme - sondern Armutsprobleme!

Merfin Demir, Rom und Koordinator von Terno Drom, einer interkulturellen Jugendselbstorganisation von Roma und Nicht-Roma in NRW, machte allerdings deutlich, dass die Vernetzung und gezielte Förderung gerade von jungen Roma entscheidend sei, um sie in ihrer Selbstfindung und gesellschaftlichen Integration zu stärken. Terno Drom animiere jugendliche Roma deshalb dazu, lokale Gruppen zu gründen und biete niedrigschwellige Bildungs- und Kulturangebote. 

Nach einer Fragerunde aus dem Publikum mit anschließender Diskussion sorgte das Markus Reinhardt Ensemble für einen schwungvollen Ausklang der Veranstaltung. Allerdings wurde bei Buffett und Getränken noch lange geplaudert, gelacht und weiterdiskutiert. 

 

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